Detmold. Sirenen, Blaulicht und hunderte Einsatzkräfte: Am Samstag hat der Kreis Lippe mit der Großübung „Arminius 2025“ eindrucksvoll den Ernstfall geprobt. Ausgangsszenario war ein Konzert im Hochsommer, das durch ein plötzliches Unwetter mit Blitzeinschlägen in eine Katastrophe mündete. Binnen Minuten waren 160 Menschen verletzt – 80 davon realistisch dargestellt durch ehrenamtliche Mimen.
Vom ersten Eintreffen bis zur Großlage
Schon am Morgen sammelten sich die ersten Kräfte im Bereitstellungsraum am Wortmann-Parkplatz. Um kurz nach 10 Uhr lief das Szenario schließlich an: Zeitgleich trafen das erste Notarzteinsatzfahrzeug und zwei Rettungswagen ein – die Rettungswagen sind alle besetzt mit angehenden Notfallsanitätern, die damit an vorderster Front standen. Für die jungen Azubis war es eine enorme Erfahrung. Gleich zu Beginn bot sich ihnen ein Bild der Verwüstung: Der Schadensbereich war eine etwa 150 Meter lange und nur vier Meter breite Gasse. Dort lagen die zahlreichen Verletzten, teilweise unter Bauzäunen oder Ästen, andere liefen orientierungslos und geschockt umher. Viele schrien um Hilfe, manche lagen still und bewusstlos am Boden. Für einige kam die Hilfe bereits bei den ersteintreffenden Kräften zu spät – eine eindringliche Erfahrung, die den Ernst einer solchen Lage verdeutlichte.

Noch bevor die ersten Behandlungen beginnen konnte, mussten die Opfer gesichtet und kategorisiert werden: Wer braucht sofortige Hilfe, wer kann warten, wer ist nicht mehr zu retten? Nachdem die ersten Kräfte ihre Lage an die Leitstelle gemeldet hatten, setzte sich das gesamte Konstrukt zur Abarbeitung eines Massenanfalls von Verletzten in Bewegung.
Zusammenarbeit von Spezialkräften und Kliniken
Nach und nach wurden weitere Einheiten alarmiert, darunter die Bereitschaften aus Paderborn und Bielefeld, die mit ihren Spezialmodulen – dem Behandlungsplatz 50 und dem Betreuungsplatz 500 – die Einsatzstelle ergänzten. Hierbei handelt es sich um Landeskonzepte des Katastophenschutzes NRW, die für die Behandlung und Versorgungen einer großen Anzahl von Verletzten und betroffen vorgesehen sind. Nach den Konzepten des Landes Nordrhein-Westfalen werde solche Konzepte überregional entsandt. So wuchs das Geschehen binnen kurzer Zeit von einer überschaubaren Rettungslage zu einem groß angelegten Katastropheneinsatz mit hunderten Beteiligten.

Koordination zwischen Rettungskräften und Kliniken
Auf den Parkplätzen rund um das Kreishaus entstanden Behandlungszelte und Sichtungsbereiche. Die Behandlungsplatz-Bereitschaft 50 aus Paderborn übernahm die medizinische Versorgung, während die Betreuungsplatz-Bereitschaft 500 aus Bielefeld die unverletzten Betroffenen registrierte, betreute und versorgte. Unterstützt wurden sie dabei von der Betreuungsstaffel des Malteser-Hilfsdienstes und einem Team für Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) aus dem Kreis Lippe. Schritt für Schritt wurde das Szenario nach Plan abgearbeitet – modular, koordiniert und praxisnah.
Die Kliniken in Detmold und Lemgo wurden parallel eingebunden: Erste Schwerverletzte wurden nach Detmold transportiert, mittelschwer und leicht Verletzte nach Lemgo. „Wir haben unseren Krankenhausalarm- und Einsatzplan bei einem Massenanfall von Verletzten unter Realbedingungen getestet“, erklärte Klinik-Sprecher Christian Ritterbach. Für das Klinikum Lippe war es die umfangreichste Katastrophenschutzübung seiner Geschichte. Auch die Krankenhäuser in Herford und Gütersloh beteiligten sich und waren Ziel der Patiententransportgruppen der Medizinischen Task Force. An den Krankenhaustüren endete dort allerdings das Szenario.
Ein besonderer Schwerpunkt bei der Übung lag darauf, erstmals in Nordrhein-Westfalen die Medizinische Task Force (MTF) einzubinden.

Die Medizinische Task Force – Ergänzung des Bevölkerungsschutzes
Die Medizinische Task Force (MTF) ist ein vom Bund neu entwickeltes Konzept im Zivilschutz, das in den vergangenen Jahren aufgrund der veränderten sicherheitspolitischen Lage – von Terrorgefahr über Pandemien bis hin zu hybriden Bedrohungen – ins Leben gerufen wurde. Sie sind so aufgebaut, dass sie in dynamischen Großschadenslagen schnell überregional helfen können, etwa bei zerstörter Infrastruktur oder einem Massenanfall von Verletzten.
Im Regierungsbezirk Detmold existieren zwei MTFs: die MTF 57 (Kreise Paderborn, Gütersloh, Lippe, Höxter) sowie die MTF 33 (Kreise Herford, Minden-Lübbecke und die Stadt Bielefeld).
Die MTF ist eine mobile medizinische Einheit, die im Katastrophenfall reguläre Rettungsdienstkonzepte der Kreise und kreisfreien Städte unterstützen kann. Besonders die Patiententransportgruppe wird aktuell Schritt für Schritt aufgebaut.
Dass „Arminius 2025“ die erste Übung in NRW war, in die die Patiententransportgruppe als Teileinheiten einer MTF umfassend eingebunden wurde, macht sie zu einer Blaupause für alle Bezirksregierungen.
Realismus und landesweite Bedeutung
Für Realismus sorgten 80 professionell geschminkte Verletztendarsteller, die Schockzustände, Verbrennungen oder Bewusstlosigkeit nachstellten.
In Lemgo wurde zudem eine Personenauskunftsstelle eingerichtet, damit Angehörige im Ernstfall schnell Informationen erhalten können.
Nach einem Jahr Vorbereitung endete die Übung am Nachmittag. Um die Abläufe im Nachgang detailliert analysieren zu können, verteilte der Kreis Lippe über 150 GPS-Tracker an Einsatzkräfte, Fahrzeuge und Verletztendarsteller. Damit lässt sich ein exaktes Bewegungsprotokoll erstellen, das später wertvolle Erkenntnisse für Verbesserungen liefert.

Für die Verpflegung sorgten die Küchen Teams vom Deutschen Roten Kreuz und der Johanniter Unfall Hilfe die mit mobilen Küchen, ebenfalls live vor Ort für hunderte Helferinnen und Helfer frisch kochten.
Am Ende zog Übungsleiter Marcus Saueressig ein positives Fazit: „Arminius 2025 hat gezeigt, dass wir in Lippe auch in einer Großlage handlungsfähig sind. Natürlich wird die Auswertung zeigen, wo wir nachschärfen müssen. Aber das Zusammenspiel aller Beteiligten hat funktioniert.“
Für den Kreis Lippe war „Arminius 2025“ die größte Katastrophenschutzübung seiner Geschichte – und für Nordrhein-Westfalen die erste Bewährungsprobe für die Medizinische Task Force. Die Abläufe sollen künftig als Modell dienen, auf das andere Bezirksregierungen zurückgreifen können.































































































































































